Hintergrund
Patientenbeteiligung bei medizinischen Entscheidungen wird mittlerweile von allen Beteiligten im Gesundheitswesen, von Patienten, Ärzten, in der Pflege und von Seiten der Forschung sowie von Krankenkassen und Vertretern der Gesundheitspolitik als sinnvoll angesehen. Mehrere Gründe sprechen für eine stärkere Umsetzung der Patientenbeteiligung in die Versorgung:
Das Informationsgefälle zwischen medizinischen Experten und den betroffenen Patienten sinkt, und das Wissen der Patienten wächst durch die steigende Verfügbarkeit medizinischer Informationen in Medien und Internet stetig an. Patienten haben ein hohes Informationsbedürfnis und mehrheitlich den Wunsch, bei medizinischen Entscheidungen beteiligt zu sein. Zusätzlich nimmt durch den medizinischen Fortschritt die Anzahl der Behandlungsoptionen kontinuierlich zu und damit die Notwendigkeit, zwischen Therapien unterscheiden zu können, aber auch entscheiden zu müssen. Auch aus der Perspektive der Patientenrechte erweist sich eine Patientenbeteiligung als sinnvoll und notwendig. Nicht zuletzt sind es aber auch Forschungsergebnisse, die darauf hinweisen, dass mit einer stärkeren Patientenbeteiligung bei medizinischen Entscheidungen wünschenswerte Effekte für Patienten, Ärzte und das Gesundheitswesen verbunden sind. Die Beteiligung von Patientinnen und Patienten nach dem Handlungsmodell der Partizipativen Entscheidungsfindung trägt nachweislich zu höherer Therapietreue, verbesserten Behandlungseffekten und zu höherer Zufriedenheit von Patientinnen und Patienten und Ärztinnen und Ärzten bei.
Im Rahmen der Förderung durch das Bundesministerium für Gesundheit im Förderschwerpunkt „Patient als Partner im medizinischen Entscheidungsprozess" (2001-2007) wurde gezeigt, dass der Ansatz der Partizipativen Entscheidungsfindung in Deutschland akzeptiert wird und wünschenswerte Ergebnisse für Patienten und Ärzte erbringen kann.
Im Rahmen dieses Förderschwerpunktes wurden 10 Modellprojekte zu Shared Decision Making (SDM) (z. d. Partizipative Entscheidungsfindung, PEF) deutschlandweit gefördert, die SDM-Trainings bei unterschiedlichen Indikationen untersuchten. Diese Indikationen waren:
- Alkoholerkrankungen
- Arterielle Verschlusskrankheit und Hypertonie
- Therapiebegrenzung am Lebensende
- Mamma- sowie Kolorektales Karzinom
- Schizophrenie
- Depression
- Fibromyalgie
- Multiples Sklerose
- Rezidivierende kindliche Atemwegserkrankungen
Die Forschungsprojekte setzten diesen Ansatz vor allem in Form von spezifischen Fortbildungsmaßnahmen, der Entwicklung von Patienteninformationen und der Erstellung von Entscheidungshilfen um. Es wurde modellhaft erprobt, wie eine partnerschaftliche Beteiligung von Patientinnen und Patienten bei medizinischen Entscheidungen realisiert werden kann. Neben den Ergebnissen resultierte aus dem Forschungsschwerpunkt das aktive Netzwerk „Patient als Partner", in dem sich Forscher und Praktiker der Weiterentwicklung und Umsetzung von SDM widmen.
Diese Studie ist aus dieser erfolgreichen, langjährigen Forschungsarbeit entstanden und baut auf ihre Ergebnisse auf.